„Wer sich leicht ablenken lässt, muss viele Umwege in Kauf nehmen.“ (Ernst Ferstl)

Sehr geehrte Leserschaft,

in letzter Zeit hatte wieder viel zu erledigen und vieles zu bedenken. Und viele Termine hatte ich ebenso. Daher ging ich neulich pflichtbewusst schon einmal die Termine für die folgende Woche in meinem Terminkalender durch. Ich fand einen Eintrag für Dienstag. Da stand: „12:00 Uhr“.

Aber leider stand da nicht, was um 12:00 Uhr stattfinden sollte oder mit wem. Hm.

Ich hasse so etwas.

Je näher der Dienstag kam, desto unruhiger wurde ich. Jeden, der mir begegnete, fragte ich: „Sind wir vielleicht am Dienstag verabredet oder weißt Du vielleicht, was für ein Termin das sein könnte?“ Niemand wusste etwas.

Ich forschte in alle Richtungen. Eine komische Uhrzeit, zu sehr Mittagspause für einen offiziellen Termin, oder? Vielleicht war ich zum Essen verabredet. Vielleicht zum telefonieren. Hm.

Fräulein Bork hat viele Termine, da verliert man schon mal den Überblick…

An besagtem Dienstag saß ich schließlich um fünf vor zwölf völlig resigniert an meinem Schreibtisch. Vor mir hatte ich alle aktuellen geschäftlichen Vorgänge ausgebreitet, falls ich einen Telefontermin vereinbart haben sollte. Die Wohnung hatte ich vorsichtshalber sauber gemacht und aufgeräumt, nur für den Fall, dass ich eine Einladung zum Mittagessen ausgesprochen haben sollte. Ich hatte mir auch schon überlegt, was ich auf die Schnelle kochen könnte, wenn es zu einem Besuch käme: Gemüse-Couscous mit Räuchertofu und Rucola-Salat mit Pilzen und Mango. Ich war auch schon ziemlich hungrig.

12 Uhr.

Nichts passiert. 12:05 Uhr. Nichts.

12:15 Uhr. Puh. Hoffentlich sitzt nicht gerade irgendwer irgendwo und wartet auf mich. Sowas Blödes!

Ich schaue mir You-Tube-Videos an, bis 12:30 Uhr, dann mache ich mir etwas zu essen. Niemand hat angerufen, Niemand ist gekommen. Vielleicht war das ja auch ein fehlerhafter Eintrag und ich hatte einfach nur vergessen, ihn durchzustreichen.

Auch der Mittwoch bleibt folgenlos. Ebenso der Donnerstag. Mein Herz fühlt sich schon wieder leichter an. Dann der Freitag. Die Kinderarztpraxis ruft an: „Fräulein Bork, Sie hatten ja am Dienstag einen Termin zur Zeckenimpfung für den Thronfolger. Den haben Sie aber leider nicht wahr genommen…“

„Oh Gott!“ So ein Mist! Wir haben den Wanderurlaub schon gebucht und so einen Zeckenimpfung braucht Wochen, bis sie richtig fertig ist. Mist Mist Mist! Eine Woge des verletzten Mutterperfektionismus überrollt mich. Wie konnte ich nur den Termin verpassen?!

Ich vereinbare einen Nachholtermin. Vielleicht ist eine halbe Zeckenimpfung besser als gar keine. Und schließlich hatte der Kleine ja auch überhaupt noch nie eine Zecke. Tief durchatmen! Okay.

Wenigstens ist die Wohnung jetzt richtig schön sauber und aufgeräumt, da hatte das alles auch sein Gutes.

Am nächsten Tag besuchen der Göttergatte und ich ein Seminar, danach geht es mit dem Thronfolger zu einem Kindergeburtstag, danach gehe ich noch zum Fest einer lieben Freundin, ich trinke Wein und lache über mein Termin-Chaos. So etwas!

Als ich spät nachts wieder in die heimische Wohnung tapse, empfängt mich der Göttergatte: „Fräulein Bork, der Kleine hatte heute seine erste Zecke!“

„Oh Gott!! Das ist ja schrecklich! Und dramaturgisch total ausgefeilt!“, rufe ich erschrocken. Da will mir doch das Leben gerade irgendwie was sagen! Aber ich bin jetzt viel zu besorgt und viel zu müde und viel zu beschwipst, um das auszutüfteln.

Ich falle ins Bett und fühle mich schrecklich.

Manchmal wächst mir alles über den Kopf… was will mir das Leben sagen?

Am nächsten Morgen, bei Milchkaffee und Honigwaffel, wird mir klar, was das Leben mir sagen wollte: Ich muss mich besser konzentrieren, wenn ich Termine in meinen Terminkalender eintrage!

Danke, liebes Leben. Das musste mal gesagt werden.

Mit freundlichen Grüßen

Fräulein Bork

„Die Männer haben keine Geduld. Deswegen haben sie ja den Reißverschluss erfunden.“ (Senta Berger)

Sehr geehrte Leserschaft,

der Reißverschluss ist eine großartige Erfindung!

Ich finde schon den Namen klasse. Reiß-Verschluss!

Toll.

Senta Berger hat sich aber offenbar nicht umfassend informiert, offiziell wurde der Reißverschluss nämlich nicht für ungeduldige Männer sondern für ungeduldige Kinder erfunden. Damit die sich leichter an- und ausziehen können.

Der Schuss ging für ungeduldige Männer eher nach hinten los: allein in den USA führt gedankenlose Reißverschluss-Benutzung jedes Jahr zu ca. 2000 Phallus-Verletzungen. O weh.

Liebe Männer: Konzentriert Euch!

Wie dem auch sei: der Reißverschluss revolutionierte unsere Verschlusskraft und wurde bald auch zum Sinnbild. Spätestens in der Fahrschule hören wir vom Reißverschlussverfahren.

Hat das eigentlich jemals außerhalb einer Fahrschul-Theorie-Stunde funktioniert? Ich durfte ein gesittetes Reißverschlussverfahren jedenfalls noch nie erleben.

Wirklich schade! Es könnte so elegant und fließend sein wie beim Wasserballett:

Olympiade 2008: Team China macht den Reißverschluss!

 

Statt dessen geht es zu wie beim Autoskooter auf der Dorfkirmes.

Wobei man sagen muss: auch der Synchron-Schwimm-Sport wird immer aggressiver. Während in obigem Bild die chinesische „Mann“-schaft noch ein traditionelles Bild verkörpert, legen die Spanierinnen eine Performance hin, die ich so niemals in dem Genre erwartet hätte…

Aber das Reißverschlussverfahren beherrschen die trotzdem, das sind eben Profis.

Nicht so wie unsereiner, der im Stau abwechselnd mit zusammengekniffenen Augen zischt:“Du kommst hier nicht rein, Du bleibst schön, wo Du bist!“ um dann wieder zu fluchen: „Jetzt lass‘ mich doch rein Du Arrrr…, muss ich Dir erst ins Auto fahren oder was?!“

Das kommt vom Zeitdruck.

Wir können es uns einfach nicht leisten im Stau zu stehen und dann werden alle wütend und obgleich wir tief innen drin alle wissen, dass das Reißverschlussverfahren bei einer Fahrbahnverengung Wunder wirkt, können wir nicht anders, als uns in die zwei Hauptrichtungen unseres gesellschaftlichen Denkens aufzuspalten:

  1. Die Schlangesteher
  2. Die Reindrängler

Die Schlangesteher beachten die Schilder und ordnen sich frühzeitig ein, was dazu führt, dass sie langsamer vorankommen, aber auf dem richtigen Weg sind.

Was aber auch dazu führt, dass der Stau viel, viel länger wird als er sein müsste.

Die Reindrängler beachten die Schilder und fahren durch bis ihre Spur aufhört. Sie haben das Gesetz auf ihrer Seite, sie müssen sich erst da vorne einfädeln. Aber diese Audi/BMW/etc.-Fahrer fädeln nicht, die stemmen sich rein. Und während die vorher an einem vorbei ziehen merkt man richtig, wie die denken: „Ihr blöden Deppen, steht alle in der Schlange…“

Und dann treffen sich die beiden Parteien vorne bei der Fahrbahnverengung und fletschen die Zähne…

Ich frage mich sowieso, warum nicht viel mehr Amok-Läufe im Straßenverkehr stattfinden, gerade im Sommer, wenn überall die Baustellen aus der Erde wachsen, die Staus erblühen und uns alle zu Innenstadt-Allergikern machen.

Da habe ich schon so manchmal, wenn ich nach vier Ampelphasen nur ca. zwei Meter weiter gekommen war, gedacht: ‚Ich nehme jetzt mit dem Auto einfach Anlauf und dann fahre ich die blöde Baustelle kaputt! Dann haben wir hier endlich wieder Platz! Und den blöden Bauarbeiter erwische ich auch, der mir gestern auf meine Nachfrage hin, wie lange diese Baustelle denn wohl da bleiben wird, gesagt hat: „Das dauert halt so lange es dauert.“ … Den erwische ich leicht!‘

Aber zum Glück mache ich ja auch Yoga. Das hat dem jungen Mann wahrscheinlich das Leben gerettet.

Wir können doch alle einen kleinen Beitrag leisten und das Reißverschluss-Prinzip wieder stärker in unsere Fahrweise integrieren. Auf „Fahrtipps.de“ habe ich uns folgende Anleitung besorgt:

„Es empfiehlt sich bei zähfließendem Verkehr auf der Autobahn, frühestens 50 Meter vor dem Hindernis mit dem Fahrspurwechsel zu beginnen. Das macht auch deshalb Sinn, weil die nachfolgenden Fahrer das Hindernis dann bereits erkennen können und nicht »auf Verdacht« die Spur wechseln, nur weil der Vordermann dies tut.

Und hier wieder der Appell an alle Beteiligten: Niemand soll auf stur schalten, weil ihm der Fahrstil des Anderen nicht gefällt. Am Wechselpunkt lässt jeder den Nebenmann einfach einfädeln und sorgt so für Stau- und Stressabbau. Und wenn mal gleich zwei oder drei Fahrzeuge zusammen herüberkommen, hat man wahrscheinlich nur einen zu netten Eindruck gemacht.“

Also: ruhig bleiben – aber auch nicht zu nett gucken!

Und jetzt haben wir uns noch ein wenig Zerstreuung verdient.

Diese grandiose Folge der ‚Sendung mit der Maus‘ startet mit der Fragestellung: „Wie zieht man einen nackten Mann an?“ (Der Sprecher weist darauf hin, dass er das Ganze erklären soll ohne das Wort „Nippel“ zu verwenden – gar nicht so leicht…)

Schön!

In jedem Fall möchte ich in Bezug auf das Anziehen nackter Männer meinen oben erwähnten Ratschlag nochmals bekräftigen: Konzentration!!

Mit konzentrierten Grüßen

Fräulein Bork

 

„Wenn man beim Stiche der Biene oder des Schicksals nicht stille hält, so reißet der Stachel ab und bleibt zurück.“ (Jean Paul)

Sehr geehrte Leserschaft,

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die heutige Artikelüberschrift ist sowohl verwirrend als auch gruselig.

Unwillkürlich fragt sich der geneigte Leser: Was ist ein abgebrochener Schicksals-Stachel? Wie meint Jean Paul das? Und: Stimmt das mit den Bienen?

Zumindest habe ich mich das unwillkürlich gefragt. Und ich glaube, dass Bienenstachel immer stecken bleiben, egal ob man still hält oder nicht.

Da ich gerade zu Besuch bei meinem Onkel und meiner Tante bin und mein Onkel ein Imker ist, werde ich das für uns alle herausfinden. Und wenn ich schon einmal dabei bin, kann ich ja auch noch den Schicksals-Stachel und das Stille-halten klären.

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Ich kann gut still halten. Diese Fähigkeit kommt in meinem Leben allerdings recht selten zum Einsatz. Still halten ist gut, wenn man Modell steht, oder wenn man die Aufmerksamkeit eines Dinosauriers nicht auf sich lenken will.

Wenn man lange genug still hält, vergessen die Menschen um einen herum manchmal, dass man da ist und dann beginnen sie, frei von der Leber weg zu plappern. Das sollte man vermeiden.

Mein Vermögen zum innerlichen Stille-halten ist hingegen durchaus verbesserungswürdig. Da muss ich noch viel üben.

Als ich neulich im Restaurant war, standen dort an der Wand die Sätze: „Ruhe bringt Genuss“ und „Konzentration bring Kraft“ (man merkt gleich, dass es dort asiatische Gerichte gab) – da hätte ich „Ruhe“ und „Konzentration“ am liebsten gleich mitbestellt…

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Schicksal ist etwas, an das ich nur jeden zweiten Tag glaube. Ansonsten halte ich das für Humbug.

Nehmen wir als Schicksals-Stachel einfach ein einschneidendes negatives Ereignis an. Und jetzt soll man stille halten. Wie meint denn Jean Paul das?

Das ist keine rhetorische Frage, ich verstehe den Mann wirklich nicht. Meint er, man soll das am besten ruhig hinnehmen und weitermachen, weil man sonst noch mehr leidet?

Das ist übrigens ein Trugschluss mit den Bienen: Mein Onkel sagt: „Wenn die Biene einen Warmblütler sticht bleibt der Stachel immer stecken, weil der Stachel einen Widerhaken hat.

Wenn man also nicht so lange still hält, bis man kein Warmblütler mehr ist, dann hat man den Schicksals-Stachel intus!

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Mein bescheidener Ratschlag wäre also eher: den Schicksals-Stachel nicht ewig da drinnen lassen!

Sich ruhig und konzentriert überlegen, wie man ihn da wieder heraus bekommt und welches Trostpflaster jetzt hilfreich wäre.

Denn eines ist klar: Schmerz muss sein.

Da kommt man einfach nicht drum rum, so ist es eben, da hat man keine rechte Wahl.

Wie man dann damit umgeht, das kann man aber schon entscheiden…

Vielleicht hat man ja auch Glück und findet jemanden, der einem den Stachel zieht – da muss man dann aber tatsächlich mal still halten, sonst klappt es nicht!

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Mit freundlichen Grüßen,

Fräulein Bork

„Die modernste Form menschlicher Armut ist das Keine-Zeit-Haben.“ (Ernst Ferstl)

Sehr geehrte Leserschaft,

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im Prinzip habe ich alles, was man sich nur wünschen kann: außer Zeit und Geld.

Ich verbinde sozusagen auf eindrucksvolle Art und Weise klassische und moderne Armut.

Zwar habe ich nun gelernt, mit dem Stress umzugehen aber mehr Zeit habe ich deshalb noch lange nicht.

Im Gegenteil: ich nehme mir nun sogar mehr Zeit für zu erledigende Dinge, um nicht mehr so ein gehetztes Migräne-Magenleiden-Leben zu führen.

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Ich will jetzt nicht undankbar erscheinen.

Es ist immerhin wunderbar, dass der Alltags-Stress-Knoten geplatzt ist. Aber das führt dazu, dass ich regelmäßig viel zu wenig schlafe.

Ich denke, das ergeht vielen Menschen so – man will ja auch noch irgendwann am Tag man selbst sein dürfen. Im eigenen Rhythmus und so.

Darüber bricht manchmal die Nacht herein und manchmal sogar der Morgen.

Das beschert uns ein weiteres Problem:

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Die neue Müdigkeit…

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Ich kann gar nicht sagen, wann ich mich zuletzt frisch und ausgeschlafen gefühlt habe, ich glaube das war im Jahr 2000.

Wer dauerhaft zu wenig schläft wird schreckhaft, reizbar und misstrauisch. Man kann sich nicht mehr konzentrieren und die Wahrnehmung ist eingeschränkt.

Manchmal verzweifelt man auch.

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Irgendwie ist das alles noch ein gutes Stück vom Idealfall entfernt.

Irgendwie bin ich jetzt aber auch zu müde, als dass mir eine vollwertige Lösung einfallen würde.

Irgendwie glaube ich aber, dass man da mit Prioritäten-setzen wohl etwas reißen könnte…

Darüber wird weiter nachgedacht!

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Eine Sache, die mir Sorgen bereitet:

Wir werden mehr und mehr zu einem Volk von ängstlichen, reizbaren, misstrauischen ADS-Egomanen am Rande der Verzweiflung werden.

Eine Sache, die mir Freude bereitet:

Schlaftrunkenheit ist ein unglaublich kostengünstiges Rauschmittel, dass mir heute einiges an Freude bereitet hat – soviel habe ich schon lange nicht mehr gesungen und gelacht…

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Nun aber ab ins Bett!

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Mit freundlichen Grüßen

Fräulein Bork